Anis Zelleg ist Gründer der Firma Sotuged mit Sitz in Gabes, einer Großstadt an der tunesischen Mittelmeerküste. Für einen deutschen Kunden hat er sein Unternehmen kürzlich auf die Produktion von Aprikosenkernen umgestellt.
GIZ: Herr Zelleg, womit beschäftigen Sie sich beruflich?
Anis Zelleg: Ich kann Ihnen sagen, womit ich mich beschäftigt habe, bevor ich am MP teilnahm: mit Biomasse aus zerkleinerten Olivenkernen und Mandelschalen.
Und was hat sich nach dem MP geändert?
Lassen Sie mich dafür etwas weiter ausholen. Als ich meine Firma vor drei Jahren gründete, habe ich Biomasse aus der Mandel- und Olivenölproduktion vertrieben. In Deutschland wollte ich Partner für die Produktion von Pellets aus dieser Masse gewinnen. Neben Oliven und Mandeln werden auch Aprikosen intensiv bei uns angebaut. Sie werden getrocknet oder zu Marmelade weiterverarbeitet. Ich wollte die „Abfallprodukte“ aus dieser Produktion ebenfalls für die Pellet-Produktion verwenden. Dabei bin ich auf etwas gestoßen. Die Steinfrucht hat eine Besonderheit, in ihrem Inneren steckt ein mandelartiger Kern. Sie haben das sicherlich selbst schon einmal gesehen, wenn Sie einen Stein geknackt haben. Dieser Kern ist sehr wertvoll für die Lebensmittelindustrie, er kann wie Mandeln zu einer Masse weiterverarbeitet werden, die Persipan genannt wird. Das ist nicht neu, in Asien gibt es einige Firmen, die für den Weltmarkt produzieren. Aber für mich war das neu. In Tunesien gibt es keine einzige Firma, die sich darauf spezialisiert. In Deutschland habe ich mich mit einem Produzenten von Marzipan getroffen. Die Berliner Firma interessiert sich sehr für Aprikosenkerne und hat sie bisher immer in Asien eingekauft. Ich kann sie aber schneller und günstiger anbieten. Für mich ist es wirtschaftlich natürlich viel attraktiver, ein wertvolles Lebensmittel zu verkaufen, als Pellets. Ich bin dadurch vom Recycling zum Upcycling aufgestiegen, von der Schale zur Frucht.
Verkaufen Sie jetzt nur noch Aprikosenkerne?
Bisher habe ich noch gar nichts verkauft. Für Moll Marzipan GmbH war das Geschäft so attraktiv, dass sie gleich 20 Tonnen monatlich bestellt haben. Ich konnte aber gar nicht so viel liefern. Ich bin dann zur Bank gegangen und habe einen Kredit für den Ausbau meiner Produktion beantragt. Den habe ich dann auch bekommen, weil ich einen starken deutschen Geschäftspartner nachweisen konnte. Gerade sitzen wir in den Startlöchern und sehen den Aprikosen beim Reifen zu. Die Ernte beginnt im Juni und dauert bis September. Die nächsten Hochzeitstorten in Deutschland könnten schon bald mit Persipan aus unseren Kernen verziert sein. Rund 70.000 Euro Umsatz im Monat machen wir jetzt monatlich allein mit dem deutschen Kunden, nur noch ein Viertel unseres Geschäfts bestreitet die Biomasse. Und ich möchte gern weitere deutsche Abnehmer gewinnen.
Herzlichen Glückwunsch zu Ihren Erfolgen! Was würden Sie anderen MP-Teilnehmern raten?
Ich finde, nicht nur die Zeit während der Trainingseinheiten ist wichtig. Von unschätzbarem Wert sind auch die Zeiten dazwischen, beim Abendessen oder in den Mittagspausen. Ich habe sie genutzt, um Kontakt zu den Seminarleitern zu bekommen und informelle, sehr persönliche Gespräche zu führen. Diese Leute haben einen wertvollen Wissens- und Erfahrungsschatz. Fernab vom standardisierten Seminarprogramm kann man ganz individuelle Tipps bekommen. Auf diese Weise habe ich übrigens meinen zweiten neuen Geschäftspartner gewonnen, die Condio GmbH.
Ein weiterer Abnehmer von Aprikosenkernen?
Mitnichten! Condio stellt Zusatzstoffe und Stabilisatoren für die Lebensmittelindustrie her. Das war eigentlich nicht mein Geschäftsfeld, aber der Bedarf in Tunesien ist groß. Das Gespräch verlief so gut, dass wir exklusiver Vertriebspartner des Familienunternehmens aus Werder geworden sind. Wir haben bereits für eine Million Euro Lieferverträge über Stabilisatoren z.B. für Joghurt, Käse und Mayonnaise mit drei großen tunesischen Milchunternehmen abgeschlossen.
Herr Zelleg, wir danken Ihnen für das Gespräch und wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg für die Zukunft!




