Tunesien als neues MP-Partnerland

Die Erweiterung des Managerfortbildungsprogramms (MP) setzt sich fort. Nachdem im Vorjahr Mexiko Partnerland wurde, steht 2014 die Unterzeichnung einer Regierungserklärung mit Tunesien bevor.

„Tunesien ist ein Zukunftsland“, erklärte der Bundesminister für Wirtschaft und Energie Sigmar Gabriel beim deutsch-tunesischen Wirtschaftsforum in Berlin, das er am 19. Juni 2014 gemeinsam mit dem tunesischen Ministerpräsidenten Mehdi Jomâa eröffnete. An der hochrangigen Veranstaltung nahmen rund 220 Wirtschafts- und Regierungsvertreter aus beiden Ländern teil. Gabriel betonte: „Die Diktatur ist überwunden. Die politischen und wirtschaftlichen Transformationsprozesse sind auf gutem Weg und mit der neuen Verfassung schlägt Tunesien die Richtung eines friedlichen und demokratischen Übergangs ein. Dieser Neuanfang kann jetzt auch zu einer Aufbruchsstimmung in der Wirtschaft führen. Dabei steht Tunesien nicht allein. Die deutschen Unternehmen sind verlässliche Handels- und Investitionspartner.“
2013 reisten auch Vertreter des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) und der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) nach Tunis, um die Voraussetzungen für die Umsetzung des MPs zu prüfen und für das Programm zu werben. Im April dieses Jahres kam eine Pilotgruppe mit 20 tunesischen Führungskräften zu einer vierwöchigen Fortbildung nach Hamburg und Berlin, die das Fortbildungszentrum Cognos International im Auftrag der GIZ organisierte.
Die deutsch-tunesischen Handelsbeziehungen
Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Tunesien sind intensiv und zukunftsfähig. Seit der tunesischen Revolution zeigen beide Länder deutliches Interesse und viel Initiative für eine weitere Intensivierung. Die EU ist Tunesiens wichtigster Handelspartner, wobei Frankreich, Italien und Deutschland für den größten Anteil an den Im- und Exporten sowie den Direktinvestitionen stehen. Im Zuge der Globalisierung hat aber auch China im Importbereich stark aufgeholt und könnte Deutschland vom dritten Platz der Rangliste verdrängen.

Aus vielfältigen Gründen ist der kleine nordafrikanische Staat für Deutschland und die deutsche Wirtschaft interessant. Die Stärken Tunesiens liegen in einer diversifizierten Industriestruktur, geringen Produktionskosten, der Nähe zum europäischen Markt sowie steuerlichen Vorteilen für heimische Exportbetriebe. Die erfolgten Schritte in Richtung Demokratie, u.a. neue Verfassung, geben der schwächelnden Wirtschaft wichtige Impulse.
Das Land hat sich bereits Ende des vorigen Jahrhunderts durch die Förderung des privaten Sektors und die Integration in die Weltwirtschaft eine gute Position in der Region erarbeitet. Die wirtschaftliche Öffnung bescherte Tunesien ein solides Wachstum und hohe Direktinvestitionen aus dem Ausland. Die 1995 unterschriebene Assoziation mit der EU war ein wichtiger Meilenstein. Am 19. November 2012 erhielt Tunesien den Status einer „Privilegierten Partnerschaft“ mit der EU. Ziel der neuen Verhandlungen ist der Abschluss eines vollständigen Freihandelsabkommens mit der EU (ALECA). Für Industrieprodukte besteht bereits seit 2008 Freihandel mit der EU, nun sollen auch Agrarprodukte und Dienstleistungen sowie die Luftfahrt („Open Skies“) einbezogen werden.
Nach dem Rückgang des Bruttoinlandsproduktes um zwei Prozent im Revolutionsjahr 2011 konnte sich die tunesische Wirtschaft wieder erholen. Das Wachstum (2012: 3,6%; 2013: 2,7%) reicht aber bei weitem nicht aus, um die hohe Arbeitslosigkeit von 16-18 Prozent aufzufangen. Hierzu bedarf es neuer Investitionen aus dem In- und Ausland, wofür die weitere politische Stabilisierung des Landes eine wichtige Voraussetzung ist. Obwohl Tunesien ein relativ rohstoffarmes Land ist, verfügt es jedoch über eigene Vorkommen von Öl und Gas. Diese können zwar momentan noch eine Eigenversorgung von 40 Prozent gewährleisten, doch die Tendenz ist sinkend. Die Nutzung von erneuerbarer Energie, insbesondere Wind- und Solarenergie, spielt noch eine untergeordnete Rolle: Der Anteil von Solar- und Windenergie an der Energieproduktion beträgt gegenwärtig erst vier Prozent. Eine mittelfristige Energie-Strategie strebt jedoch bis 2030 einen Anteil erneuerbarer Energien von 30 Prozent an. Tunesien ist weltweit viertgrößter Produzent von Phosphaten und der drittgrößte Olivenöl-Exporteur.
Das deutsch-tunesische Handelsvolumen lag 2013 bei 2,84 Mrd. Euro. Die deutschen Ausfuhren nach Tunesien gingen gegenüber dem Vorjahr um 3,4 Prozent zurück und betrugen 1,35 Mrd. Euro. Exportiert werden in erster Linie Textilstoffe, Elektronik, Maschinen, Kraftfahrzeuge, chemische Produkte und Lebensmittel. Deutsche Importe aus Tunesien nahmen um 3,8 Prozent zu und beliefen sich 2013 auf 1,49 Mrd. Euro – darunter Textilien, elektrotechnische Komponenten, Autozubehör (insb. Kabel), Lederwaren, Rohöl, Lebensmittel, Kraftstoffe, Schmieröle und Teppiche. Zwischen Deutschland und Tunesien bestehen ein Investitionsförderungs- und Schutzvertrag sowie ein Doppelbesteuerungsabkommen.