Aus eins mach drei
Das Unternehmen „SAN-zhar.kz“ von Almas Adilbaev, Direktor und Eigentümer, handelt mit technischen Bürsten für die Straßenreinigungsmaschinen und möchte die Bürsten in Zukunft selbst herstellen. Mit dem Ziel, Anlagen zur Bürstenproduktion zu kaufen, ist Adilbaev nach Deutschland gekommen. Schon die erste Etappe, Auswahl eines Herstellers, hat sich als recht schwierig erwiesen: Es gibt wohl in ganz Europa nur vier Hersteller dieser Technologie. Bereits in Kasachstan konnte der kasachische Unternehmer einen deutschen Hersteller ausfindig machen – die Wöhler Brush GmbH in Bad Wünneberg. Wöhler lässt sich in der GUS durch die deutsche Firma Industrie-Kontor GmbH vertreten, die wiederum über qualifiziertes, russischsprachiges Personal verfügt. So konnte der Teilnehmer bereits vor dem Aufenthalt in Deutschland viele fachliche Fragen klären. Beim Besuch der Firma Wöhler war somit alles für die Verhandlungen vorbereitet und die technischen und kaufmännischen Details geklärt. Beim Abschlussgespräch war Adilbaev sehr zuversichtlich, dass das Projekt im Volumen von ca. 470.000.- Euro (inkl. Schulungen und Montage vor Ort) in der nächsten Zukunft realisiert werden kann.
Darüber hinaus hatte Adilbaev den Wunsch geäußert, mehr über die Herstellung von Bürsten in Deutschland zu erfahren. Nach längeren Recherchen gelang es, für ihn eine Besichtigung in einer Bürstenproduktionsstätte zu organisieren, damit er sich mit der Erzeugung von Bürsten vertraut machen konnte. Sein Wunsch wurde zu seiner vollsten Zufriedenheit erfüllt. Seine Freude war doppelt so groß, als er erfuhr, dass es sich bei dem Bürstenproduzenten, der Firma Bürstenmann GmbH Stützengrün, die er besuchte, um einen der größten Hersteller und Lieferanten von Bürstenerzeugnissen nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa handelt. Diese Besichtigung war sehr wichtig für Adilbaev, da er beabsichtigt, gemeinsam mit seinen Partnern die erste Bürstenproduktion sowohl von Haushaltsbürsten als auch von technischen Bürsten in Kasachstan zu eröffnen. Während seines Aufenthalts in Deutschland hat außerdem die Firma Schlesinger Maschinenbau GmbH Burgwald an Adilbaev einen Vorschlag zum Erwerb von Maschinen für die Bürstenproduktion unterbreitet. Mit der Absicht, solch moderne hochproduktive Anlagen zu erwerben, hatte Adilbaev ursprünglich seine Reise angetreten. Somit konnte auch die Realisierung seines Hauptziels in die Wege geleitet werden.
Eine noch größere Überraschung erlebte der Unternehmer beim Besuch der Firma Elaskon Sachsen, die hochwertige Spezialschmierstoffe produziert und weltweit in 55 Ländern vermarktet. Im Vorfeld des Gruppenbesuchs haben sich die Vertreter von Elaskon die Teilnehmerliste angeschaut und Adilbaev beim Firmenbesuch gezielt angesprochen, ob er ihre Vertretung in Kasachstan übernehmen möchte. Nicht zuletzt deswegen, weil sich seine Kunden auch für Elaskon-Produkte interessieren könnten. Bereits im August kommen nun der Geschäftsführer und die Exportleiterin von Elaskon nach Kasachstan, um vor Ort die Einzelheiten der Gründung einer Vertretung und Durchführung von Schulungen zu besprechen.
Mit diesen außergewöhnlichen Fortbildungsergebnissen und den neuen Perspektiven der Geschäftsentwicklung hat Adilbaev bei Reiseantritt nach Deutschland sicher nicht gerechnet. Aus einem Kooperationsprojekt sind während des MP zwei weitere entstanden. Man darf gespannt sein, welche sich in der Zukunft am besten entwickeln.
Das kasachische Nationalgetränk „Kumys“ – Made in Germany!
Ende April 2015 besuchten die kasachischen MP-Teilnehmer das Kurgestüt Hoher Odenwald (Zollmann Stutenmilch GmbH) in Waldbrunn-Mülben. Das Kurgestüt ist die erste und größte Stutenmilchfarm Deutschlands. Hier wird Stutenmilch nach biodynamischen Demeter-Richtlinien pro-duziert sowie zahlreiche weitere Stutenmilchprodukte wie Stutenmilch-Pulver, fermentierte Stutemilch (Kumys) und Stutenmilch-Kosmetik. Zur Begrüßung durch Hans Zollmann, Geschäftsführer und Inhaber des Gestüts, gab es gleich das frisch hergestellte kasachische Nationalgetränk „Kumys“ in bester Qualität, wie erstaunte kasachische Teilnehmer anerkennend bescheinigten.
In seinem anschließenden Vortrag zum Thema „Unternehmensführung, Vermarktung und Qualitätssicherung“ ging Zollmann natürlich auch auf die Entstehungsgeschichte dieses außergewöhnlichen Unternehmens ein. Gegründet hat es Zollmanns Schwiegervater, der Tierarzt Dr. Rudolf Storch. In der sowjetischen Kriegsgefangenschaft in Kasachstan lernte Dr. Storch das Stutenmilchgetränk Kumys kennen. Nach seiner Überzeugung hat ihm Kumys damals das Leben gerettet – und so gründete er nach der Rückkehr 1959 eine Stutenfarm, die auch heute noch die größte Stutenmilchfarm Deutschlands ist und nach wie vor als Pionierbetrieb in Sachen Stutenmilch gilt.
Sehr beeindruckt waren die kasachischen Teilnehmer nicht nur von der Unternehmensgeschichte, sondern auch von der rationellen und effektiven Organisation der Produktionsprozesse sowie der automatisierten Melkanlage. Mit nur sechs Mitarbeitern und fünf Familienmitgliedern wird das gesamte Gestüt mit ca. 400 Pferden und einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von ca. 450 ha erfolgreich bewirtschaftet: vom Einkauf, Anbau der Futtermittel über Produktion diverser Stutenmilcherzeugnisse bis zum Absatz über Direktvermarktung und Biohandel. Alle Fragen der Gäste wurden ausführlich behandelt. Nur der Wunsch einiger Teilnehmer nach Einsicht in den Produktionsprozess von Kumys blieb unerfüllt. Das ist wohl der Schlüssel zum Erfolg des Unternehmens und daher ein streng gehütetes Geheimnis! Zum Trost verwies Zollmann auf sein aktuelles Kasachstan-Projekt: Im Auftrag eines kasachischen Unternehmers ist er gerade dabei, eine Stutenfarm in Kasachstan aufzubauen – identisch mit seiner Stutenfarm in Deutschland.
Insgesamt zeigten sich die kasachischen Teilnehmer ausgesprochen zufrieden mit dem außergewöhnlichen Unternehmensbesuch: „Wenn man einen Kasachen zum Staunen bringen kann, dann ist das hier gelungen!“
Von Peter Schlosser, Baden-Württemberg International, Stuttgart
und
Irina Einert, Bildungswerk der Sächsischen Wirtschaft gGmbH, Dresden