Firmenkultur Deutschland plus Indien

Im Herbst 2015 besuchten Führungskräfte von meist familiengeführten Unternehmen aus Indien die Region München und Oberbayern. Das große Ziel: ein Joint Venture oder eine Kooperation mit einem deutschen Unternehmen. Überrascht waren die Fir-menvertreter, wie viele der besuchten Unternehmen bereits Erfahrungen mit Indien haben und diese mit ihnen teilten. Neben der Firma Schletter, Knorr-Bremse, Data M und König Ludwig Schlossbrauerei Kaltenberg hat vor allem die Firma hubergroup langjährige Beziehungen zu Indien.

Die hubergroup stellt Druckfarben her und ist seit über 250 Jahren tätig. Die Inder gin-gen der Frage nach, was eine deutsche Firma dazu bewegt, eine Kooperation in Indien aufzubauen? Was machte die Geschichte zu einer Erfolgsgeschichte? Die Interpretationen von Ursula Borgmann, seit 28 Jahren in der Firma und eine der Geschäftsführer, zielen alle in eine ähnliche Richtung: interkulturelle Differenzen erkennen, viel kommunizieren, viel persönlicher Kontakt vor Ort und ein gemeinsames Verständnis von Abläufen erreichen.

Warum gerade Indien, wollten die Teilnehmer wissen? Zum einen suchte hubergroup einen zusätzlichen Standort, mit Ressourcen vor Ort. Alle geprüften nationalen Standorte und auf europäischem Boden waren ungeeignet oder zu teuer. Da ergab es sich, dass die Inhaber von der Firma Micro Inks in Gujarat ihr Unternehmen Mitte der 2000er Jahre verkaufen wollten. Familiengesellschafter Heiner Ringer von der hubergroup traf sich damals mit den drei Brüdern und war erfreut, wie offen, euphorisch und kreativ diese waren. Eine gewisse Zeit dauerte es dann schon, bis man mit Micro Inks zusammenkam, aber letztendlich hatte der Kauf rückblickend gesehen sehr viele Vorteile. hubergroup konnte nun Harze und Pigmente in Indien selbst herstellen und gleich verarbeiten, um eigene Standards zu setzen und Kosten zu minimieren.

2000 Mitarbeiter arbeiten heute in Indien, doppelt so viele wie an den europäischen Standorten. Die ehemaligen Inhaber halfen bei der Umstrukturierung noch ein Jahr mit. Die Haltung war also nun nicht: Jetzt kommen die Deutschen und wollen alles ändern… Sondern: Gemeinsam wurde nach Lösungen gesucht, die Deutschen lernten etwas Hindi, es wurde detailliert in die Prozesse geschaut und diese peu à peu verändert.

Ohne den indischen Standort wäre es für die Huber Group schwierig, die Finanzkrise im Jahr 2009 zu meistern und das Augenmerk von der sinkenden Zeitungsindustrie auf den Verpackungsdruck zu lenken.

Während des Unternehmensbesuchs besichtigten die Teilnehmer die Produktion und Venkteshwar Balasubramanian von der Chemiefirma Madras Fluorine war begeistert: „Eine extrem gut organisierte Produktion, sauber und ordentlich. So etwas habe ich bei einer Chemiefirma noch nicht gesehen. Ich werde mir ein Beispiel daran nehmen!“

Auch wenn sich aus dem Besuch keine konkreten Geschäftskontakte ergeben haben, die Manager bewerteten diesen Besuch als Besten der Fortbildungszeit, denn sie be-kamen ein Gefühl dafür, worauf man bei einer Kooperation oder einem Joint Venture Wert legen sollte, um erfolgreich zu sein.

Von Katharina Bömers
Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern, Westerham