„Deutschland ist weltweit führend im Maschinenbau und in der Metallverarbeitung. Die Möglichkeit, deutsche Unternehmen zu besuchen, Neues zu erfahren und vielleicht einige Antworten auf meine dringendsten Fragen zu bekommen, konnte ich mir nicht entgehen lassen“, sagt Kuandyk Nurpeissov. Die Teilnahme am MP öffnete dem kasachischen Unternehmer die Augen für effizienteres Produktions- und Personalmanagement.
Temirtau. Kuandyk Nurpeissovs Maschinenbaufirma „Inkar-1“ stellt Anlagen und Werkzeuge für Metallverarbeitung her, produziert hochspezialisiertes Zubehör und Ersatzteile für die Bergbauindustrie und Energieversorgung. In Deutschland besuchte der kasachische Manager fünf Unternehmen aus seiner Branche. Er war überrascht, wie offen die Mitarbeiter über Produktionsabläufe sprachen. „Besonders beeindruckt hat mich die dreihundertjährige Geschichte der Doerrenberg Edelstahl GmbH. Ihre strategische Entwicklung und Zukunftsplanung haben mich veranlasst, mich zielgerichtet mit der Zukunft meines eigenen Unternehmens auseinanderzusetzen. Ich würde gern die Arbeitsbedingungen, die technische Ausstattung und die Infrastruktur an die deutschen Standards angleichen“, sagt Nurpeissov.
Bei der Klaus Kuhn Edelstahlgießerei GmbH in Radevormwald lernte der Maschinenbauer aus dem ostkasachischen Temirtau nicht nur die innovative Technologie der Wärmebehandlung von Metallen kennen, die Werkzeuge und Zubehör wesentlich langlebiger macht. Hier fand Nurpeissov auch die Antwort auf eine schwierige Frage – nämlich, wie man die Arbeitseffizienz einzelner Mitarbeiter bewertet. So wird heute bei „Inkar-1“ jeder Werkarbeiter entsprechend seiner Leistung und Arbeitsqualität elektronisch erfasst und in farbige Sektoren eingeordnet. Die Farbe entscheidet über die individuelle Prämie am Ende des Monats. Dieses verständliche und transparente System sei bei den Mitarbeitern gut angekommen und sorge für höhere Motivation, sagt Nurpeissov. „Natürlich geht es jedem Unternehmen in erster Linie um Profit. Ich möchte meinen Mitarbeitern aber auch die besten Arbeitsbedingungen und gute Karrierechancen ermöglichen“.
Bei der Diesing Walzwerktechnik GmbH in Engelskirchen bei Köln ließ sich der kasachische Manager erklären, wie die Produktionsabläufe gesteuert werden. Wie berechnet man das verbrauchte Material, wie erfasst man am effizientesten die fertigen Produkte? Die Implementierung der Erfahrungen aus Deutschland erhöhte die Qualität der Produktion, verkürzte die Zeit zwischen der Kundenanfrage und der Angebotserstellung und lockte dadurch mehr neue Kunden an. Heute gehört „Inkar-1“ zum bevorzugten Ersatzteillieferanten von „ArcelorMittal Temirtau AG“, einem der größten Metallurgie-Konzerne in Kasachstan. Auch mit zwei weiteren Konzernen – „Eurasian Natural Resources Corporation“ (ENRC) und „Kazakhmys PLC“ – hat Nurpeissov Lieferverträge abgeschlossen. Bereits im Fortbildungsjahr 2012 verzeichnete „Inkar-1“ eine Umsatzsteigerung von 70 Prozent und 15 neue Arbeitsplätze.
Nurpeissovs Umstrukturierungserfolge sprachen sich schnell herum. So kam die Firma „MetallurgRemont“ auf den MP-Alumnus mit dem Angebot zu, ihre eigenen Abläufe zu modernisieren. Daraus entstand ein neues Unternehmen: „KazArmatura“, spezialisiert auf Absperr-Hochdruck-Armaturen. Unter Nurpeissovs Geschäftsführung wurde der Maschinenpark erweitert – dabei bestellte das Unternehmen eine Fräse und zwei computergesteuerte Werkzeugmaschinen (CNC-Maschinen) bei der deutschen Firma Deckel Maho. Bei der Wahl der Ausrüstung halfen deutsche Kollegen, die der kasachische Manager während seiner Fortbildung kennenlernte. 2014 wurde dieses Projekt vom BMWi – anlässlich des zehnjährigen Jubiläums des MP in Kasachstan – mit dem ersten Preis für das beste Kooperationsprojekt ausgezeichnet (siehe Journal 2/2014). Der direkte Bezug zur Fortbildung in Deutschland, ein signifikanter Nutzen für das kasachische Unternehmen, der hohe Anspruch an die Umsetzung und natürlich auch eine echte Kooperation mit deutschen Unternehmen überzeugten die Jury. Am 10. Juni 2015 fuhren die deutschen und kasachischen Mitglieder der bilateralen Regierungsarbeitsgruppe Handel und Investitionen nach Temirtau, um sich mit eigenen Augen von den beeindruckenden Ergebnissen zu überzeugen.




