Investitionsboom für erneuerbare Energien in China

China gilt als weltweit größter Kohle-Nutzer und Produzent. Aber das Land baut auch das weltweit größte Strom-Produktionssystem aus erneuerbaren Energiequellen auf. Laut energetischer China-Bilanz werden zurzeit zehn Prozent des Energieverbrauchs aus erneuerbaren Energien (Sonne, Wind und Wasser) gedeckt.

Nach Prognosen des China National Renewable Energy Center (CNREC) soll bis zum Jahr 2030 der Anteil erneuerbarer Energie in der Energieerzeugungsbilanz bis auf 50 Prozent steigen. Dieses Ziel scheint sehr realistisch zu sein, weil die chinesische Regierung bis Ende 2013 über 65 Milliarden Dollar in die Entwicklung von alternativen Energien investiert hat. Zusammen mit dem chinesischen Staatsrat und CNREC wurde ein umfassendes Programm ausgearbeitet, welches die Maßnahmen zur Energieeffizienz und Entwicklung von „grüner“ Energie beinhaltet.

In diesen Rahmen fiel auch die Managerfortbildung von chinesischen Führungskräften im Herbst 2015, die sich mit neuen Trends und Innovationen im Bereich der erneuerbaren Energien auseinandergesetzt haben. Dabei blieb den Teilnehmern insbesondere der Besuch bei der Windenergieanlage Berghülen der Energie Baden-Württemberg (EnBW) in bester Erinnerung. Fast gespenstisch erschienen die 138 m hohen Windanlagen bei der Anfahrt zur Besichtigung im nebligen Morgengrauen. Viel Lob und Begeisterung riefen bei den chinesischen MP-Teilnehmern der offene und fachliche Vortrag und die Führung von EnBW Besucherbetreuer Gerd Eisenmann hervor. Seit drei Jahren ist die Anlage Berghülen/Schopfloch in Betrieb und erzeugt im Jahr ca. 8650 MWh CO2-freien Strom.

Informationen über die Energiewende in Deutschland haben in den Besuch eingeleitet. Wichtig für die Teilnehmer waren jedoch die detaillierten Erläuterungen zur Vorgehensweise beim Bau einer
Windkraftanlage sowie die Beschreibung von Triebstrangkonzepten mit und ohne Getriebe. Vor allem die Ingenieure in der Gruppe wollten genau wissen, wo die Unterschiede zwischen Asynchrongeneratoren und Synchrongeneratoren liegen und welche deutschen Hersteller es dafür gibt. Auch die Meilensteinpläne im Projektmanagement, Checklisten für die Standortanalyse, Ertragsberechnung, infrastrukturelle Anbindung (Straßen, Netzanschlüsse und Umspannstationen) und weitere erlernte Methoden und Werkzeuge planen die Teilnehmer in der Heimat einzusetzen.

Besonders interessant war das Konzept der Bürgerbeteiligung. Für den Windräderbau in Berghülen haben viele Bürger (Mitglieder) Kapital beigesteuert und sind damit am Erfolg der Anlagen beteiligt. Im Vergleich zu China, wo solche Projekte grundsätzlich über staatliche Gelder finanziert werden, ist das Konzept beeindruckend – vor allem, dass eine Kapitalbeteiligung für alle Bürger möglich ist. Nach dem Unternehmensbesuch waren alle Teilnehmer überzeugt, dass ein Mix aus technologischen Innovationen, bürgerlicher Unterstützung, energiewirtschaftlicher Integration und konsequenter Kostensenkung zu dauerhaftem wirtschaftlichem Erfolg in China führen kann.

Von Violetta Sticker
Export-Akademie Baden-Württemberg GmbH, Tübingen