Von der Sahara an die Elbe

Meriem Ben Dlala liebt die Natur. Und sie liebt ihr Land, das zu den größten Dattelproduzenten der Welt gehört. Die süße Wüstenfrucht ist für sie der Inbegriff der jahrtausendealten Kultur Tunesiens. Ben Dlala arbeitet für den Dattelproduzenten Rose de Sable. „Ich möchte unsere Kultur mit dem Rest der Welt teilen“, sagt die Biologin über ihren Antrieb, am Managerfortbildungsprogramm teilzunehmen.

In schwindelerregender Höhe leuchten die glänzend braunen Früchte der Dattelpalme. Jedes Jahr im Oktober ist es in Nefta soweit: Die Früchte harter Arbeit werden geerntet. Es ist ein Wunder der Natur, wie sich hier, mitten in der Wüste, die grüne Oase Nefta erhebt. Auf rund 5,5 Millionen Palmbäumen wächst hier die Hälfte der gesamten Dattelernte Tunesiens. Auch Rose de Sable baut an diesem Ort Datteln an. „Die Ernte ist ein sensibler Prozess. Die Datteln müssen von Hand gepflückt werden“, erzählt Ben Dlala.

Von der Qualitätsmanagerin zur Projektmanagerin
Auf die Frage, was sie im Unternehmen genau mache, antwortet Ben Dlala: „Ich mache alles“, und lacht. Angefangen hat sie bei Rose de Sable, das auf Deutsch „Wüstenrose“ bedeutet, als Qualitätsmanagerin. Mit dem Managerfortbildungsprogramm, an dem sie 2019 teilnahm, ist ihr Verantwortungsbereich gewachsen. Sie ist jetzt auch zuständig für den Bereich Forschung und Entwicklung sowie Kundenbeziehungen – und damit direkt der Geschäftsführung unterstellt. „Ich bin in alle Schritte vom Feld zum Kunden involviert“, sagt die energiegeladene Managerin. Ihr weitreichendes Wissen hilft ihr in Verhandlungen mit neuen Kunden, wo oftmals viel fachliches und technisches Know-how nötig ist und man sich nicht auf jede Frage vorbereiten kann.

Erste Erfolge und wertvolle Erkenntnisse
In Deutschland hat Ben Dlala eine Kooperation mit einer Hamburger Handelsgesellschaft für Trockenfrüchte geschlossen. Seitdem haben sich mehrere LKW-Ladungen der nährstoffreichen Palmenfrucht aus der Sahara auf den Weg an die Elbe gemacht. Verkauft wurden die süßen Versuchungen in namhaften Supermarktketten. 2020 setzten die Lieferungen jedoch aus. Als Erklärung führt Ben Dlala an, dass der Preisdruck sehr groß sei. Es gebe viel Konkurrenz, auch aus anderen Ländern wie Ägypten und dem Iran. „Dazu kam die Corona-Krise, alles wurde komplizierter, teurer und unvorhersehbar: Zoll, Transport, Papiere“, erklärt die Managerin. Doch sie ist zuversichtlich, ihre Datteln bald wieder auf die Reise zu schicken. Und sie hat ihre Lehre daraus gezogen: „Wir werden unsere Strategie schärfen und uns auf alternative Produkte konzentrieren“. Dazu gehört zum Beispiel sei Kurzem ein neues Produkt für den japanischen Markt: Datteln der Eigenmarke „Castilla“ im Standbodenbeutel. Trotz der schwierigen Situation konnte die Firma ihr Umsatzniveau im Corona-Jahr halten.

Snackriegel made in Tunisia
Eine der innovativen Ideen von Ben Dlala ist die Entwicklung von Energieriegeln und gesunden Snacks auf Basis von Datteln. Diese werden aus Nebenprodukten der Dattelverarbeitung hergestellt. Die Managerin bereitet derzeit eine Projektstudie dafür vor. Bisher hat Rose de Sable nur unterschiedliche Sorten ganzer Datteln verkauft. Der Markt für gesunde Snacks ist aber vielversprechend, das hat Ben Dlala in Deutschland gelernt. Eine höhere Wertschöpfung der Produkte zu schaffen ist ein wichtiger Schritt in Richtung Zukunft für ihr Unternehmen.

Mehr Bio
In Zukunft soll mehr Bio angebaut werden. Auf seinen eigenen Plantagen produziert Rose de Sable ohnehin schon ausschließlich Bio-Datteln. Diese machten 2020 rund 20 Prozent des Gesamtverkaufs aus. Bis 2025 will man ihren Anteil auf 50 Prozent steigern. Dafür sollen noch 2021 weitere Parzellen für den Anbau erworben werden. In diesem Zusammenhang wird auch weiter investiert: „Wir planen eine Anlage an unserem Werk in Tozeur. Sie steigert unsere Jahreskapazität um 25 Prozent“, sagt Ben Dlala. Rose de Sable setzt sich zudem im Anbau für Fair Trade ein: Das Unternehmen hilft damit benachteiligten Produzenten und Landwirten ihre Lebensqualität zu verbessern.

Alleinstellungsmerkmal „Know-how“
Das Alleinstellungsmerkmal der familiengeführten Firma ist ihr tiefes Wissen um die Geheimnisse des Dattelanbaus, das sie über viele Jahrzehnte angesammelt hat. Die Dattel ist eine sehr empfindliche Frucht, berichtet die Biologin Ben Dlala. Der landwirtschaftliche Prozess des Anbaus erstrecke sich über das ganze Jahr und jeder Schritt sei entscheidend für eine gute Ernte. „Ich war schon immer von Pflanzen und Früchten fasziniert. Ich lerne so viel über Datteln, das ist täglich aufs Neue inspirierend und aufregend. Es ist einfach ein wunderschönes Abenteuer“, sagt die 30-jährige Naturfreundin, die sich dafür einsetzt, dass die Früchte dieses Abenteuers bald wieder in Deutschland erhältlich sein werden.

Fotos: © Rose de Sable