Der Münsterländer Maschinenbauingenieur Jens Wensing hat im November 2012 an einer Fortbildungsreise der GIZ im Rahmen des Programms „Fit für das Chinageschäft“ teilgenommen. Während des China-Besuchs schloss er einen Vertrag mit einem chinesischen Partner, inzwischen schickt er seine Anlagen an Automobilzulieferer im Reich der Mitte. Im Gespräch mit dem Wirtschaftsjournalisten David Selbach rät Wensing jedem Mittelständler, der sich für China interessiert, an dem Programm teilzunehmen.
Herr Wensing, ist man heute tatsächlich auch als kleiner Mittelständler aus dem Münsterland weltweit aktiv?
Jens Wensing: Ja, natürlich. Wir verkaufen unsere Maschinen zum Beispiel nach Polen, Irland und England, inzwischen eben auch nach China. Unser Exportgeschäft wächst um rund zehn Prozent pro Jahr.
Wie kommen Sie an Auslandsaufträge?
Fast immer gehen die Kunden von sich aus auf uns zu, wir liefern dann die Maschine nach ihren individuellen Wünschen. Werbung machen wir nicht – nur in China haben wir inzwischen einen eigenen Vertriebspartner.
Den Sie im Rahmen des Programms „Fit für das Chinageschäft“ gefunden haben?
Wir standen zwar schon in Kontakt mit einem Agenten vor Ort. Aber ich konnte die Zeit im Land nutzen, um gemeinsam mit ihm den Interessenten zu besuchen. Es ist etwas ganz anderes, persönlich im Land zu sein und den Menschen zu begegnen. Und ich wusste durch die Reise-Vorbereitung viel besser, worauf ich im Umgang mit potentiellen Geschäftspartnern achten muss. In dem zweitägigen interkulturellen Training vor der Reise habe ich ziemlich viel gelernt.
Was denn zum Beispiel?
Wie man eine Visitenkarte korrekt mit beiden Händen überreicht. Dass man die Hierarchien in chinesischen Firmen beachten und respektieren sollte. Oder ganz einfach, auf welche Weise man sich beim Geschäftsessen gegenseitig zuprostet. Als ich dann bei meinem heutigen Vertriebspartner saß – mir gegenüber zwölf Leute – da wusste ich, dass es in China üblich ist, dass möglichst viele Unternehmensvertreter an solchen Gesprächen teilnehmen. Um mitzuhören, aber auch um zu demonstrieren, wie bedeutend der potentielle Geschäftspartner ist.
Was ist aus dem Kontakt geworden?
Wir haben gleich vor Ort einen Abschluss gemacht, heute vertreibt der Partner unsere Streckbiege-Maschinen exklusiv von Peking aus. Wir haben schon mehrere Anlagen an große Automobilzulieferer verkauft. Insgesamt haben wir mittlerweile Aufträge im Wert von 4,3 Mio. Euro aus China. Anlagen für 1,5 Mio. Euro sind schon ausgeliefert, der Rest wird noch gebaut.
Auf jeden Fall. Ich würde jedem, der sich für den Markt interessiert, empfehlen, an einer solchen Fortbildungsreise teilzunehmen. Wir haben viele spannende Unternehmen besichtigt, und eine Menge gesehen. Allein, dass man in China eine Stunde lang durch Werkshallen läuft, und die hören einfach nicht auf! Das sind gewaltige Dimensionen, die man sich hierzulande überhaupt nicht vorstellen kann. Da bekommt man erst ein Gefühl für diesen riesigen Markt.
Wollen Sie künftig noch mehr Auslandsmärkte auf diese Weise erschließen?
Erst einmal sind wir froh, dass wir einen passenden Partner in China gefunden haben. Das ist für unseren Betrieb bis auf weiteres mehr als genug.
Günther Wensing GmbH & Co. KG, Stadtlohn
Am Anfang stand ein patentierter Flaschenöffner, mit dem Firmengründer Günther Wensing alle Flaschen eines Bierkastens auf einmal öffnen konnte. Später verlegte sich der Tüftler aus dem Münsterland auf Sondermaschinen. Inzwischen führt sein Sohn Jens (Geschäftsführer), Hans-Gerd Heming (Geschäftsführer) und Dieter Dasbeck (Gesellschafter) den Betrieb. 70 Mitarbeiter bauen 20 bis 40 Maschinen pro Jahr. Es sind vor allem Anlagen zur Metallbearbeitung, die in der Produktion von Karosserieteilen in der Autoindustrie gebraucht werden. Das Unternehmen wächst: 2014 hat Wensing 8,5 Mio. Euro Umsatz geplant, jedes Jahr legt der Mittelständler um bis zu 20 Prozent zu.
Erschienen in:
Journal – Ausgabe 4 (2014)





