
Im Sommer 2015 bot das Managerfortbildungsprogramm Führungskräften aus kasachischen und kirgisischen KMU die Gelegenheit, an einer Fortbildung bei der Export-Akademie Baden-Württemberg (EABW) teilzunehmen. Dastan Rustemow von der NG Energy GmbH aus Kasachstan schildert seine Eindrücke.
EABW: Dastan, was war das Ziel Ihrer Fortbildung in Deutschland?
Dastan Rustemow: Ich möchte in Aralsk eine Legehennenhaltung mit 101.400 Tieren und einer Produktion von bis zu 80.000 Eiern aufbauen. In meiner Heimat, dem Gebiet Kysylorda, ist der Pro-Kopf-Verbrauch an Eiern leider geringer als in den meisten anderen Regionen des Landes. Dabei sind Hühnereier ein Grundnahrungsmittel und Teil des Warenkorbs. Folglich bietet der regionale Markt großes Entwicklungspotential. In Deutschland interessierten mich vor allem der Markt für Anlagen zur Geflügelhaltung und Mischfutterherstellung und der neueste Stand der Technik in der Geflügelhaltung. Außerdem wollte ich mehr über effiziente Managementstrukturen erfahren und Kontakte zu potentiellen Investoren und Partnern aufbauen.
Und wurde Ihr Informationshunger gestillt?
Voll und ganz. Die Fortbildung bestand aus drei Modulen und war relevant für alle Aspekte meiner Geschäftstätigkeit. Im ersten, methodischen Modul lernten wir die Besonderheiten im Umgang mit deutschen Unternehmen kennen und bauten unsere Managementfähigkeiten aus.
Im zweiten Modul besuchten wir gemeinsam diverse deutsche Unternehmen. Überall gab man uns bereitwillig Auskunft. Wir erfuhren viel über die Unternehmensführung, bei der beständige Erneuerung und Innovationen den Garant für eine nachhaltige Unternehmensentwicklung und erfolgreiche Positionierung auf strategischen Märkten bilden. Die Offenheit und Begeisterung der Mitarbeiter, aber auch der Führungskräfte beeindruckte uns alle, ebenso die professionell gemachten Präsentationen. Jeder war bereit, sein Wissen und seine Erfahrungen mit uns zu teilen. Man sah deutlich, dass die Leute sich mit ihrem Unternehmen identifizieren. Egal wie alt, alle waren mit großem Eifer dabei und hätten uns stundenlang von ihrer Firma erzählen können. Ich kann dazu nur sagen: Hut ab!
Im dritten Modul der Fortbildung fanden dann individuelle Treffen in Betrieben statt, die als potentielle Kooperationspartner in Frage kamen. In meinem Fall waren das Zulieferbetriebe für Agrartechnik.
Was hat Ihnen bei Ihren individuellen Unternehmensterminen besonders gefallen?
Während des zweiten Programmmoduls besuchten wir gemeinsam die Himel Maschinen GmbH in Melchingen. Dieser Kontakt war für mich eigentlich der erfolgreichste von allen. Ich vereinbarte ein zusätzliches Einzeltreffen für mich und verbrachte dort einen ganzen Tag. Dieser Termin übertraf meine sämtlichen Erwartungen.
Die Himel GmbH ist ein Familienunternehmen und wird von Werner Hirlinger, dem Sohn des Firmengründers, geleitet. Er empfing mich und führte mich persönlich durch die Firma. Bei dem kurzen Rundgang bekam ich einen vollkommen anderen Einblick in das Unternehmen als während des Gruppenbesuchs. Werner Hirlinger machte auf mich den Eindruck eines Mannes, der sich nicht zu schade ist, selbst die Ärmel hochzukrempeln und mit anzupacken, obwohl er der Chef ist. Das hat mich sehr beeindruckt, denn bei uns in Kasachstan ist hierarchisches Denken tief verwurzelt. Im Betrieb herrschte eine geradezu familiäre Atmosphäre und ein freundschaftliches Miteinander, von Alltagstrott war dort nichts zu spüren. Wahrscheinlich ist das einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren dieses Unternehmens.
Wie verlief Ihr Besuch konkret?
Drei Fachleute aus unterschiedlichen Bereichen standen mir Rede und Antwort, und ich konnte alle meine Fragen zum Unternehmen, zu den Betriebsabläufen und dem Marketing stellen. Wie in den meisten anderen deutschen Unternehmen auch, waren das Gespräche auf höchster Ebene. Wir besichtigten ein Getreidesilo mit einem eigenen Reinigungssystem, Temperatur- und Feuchtigkeitskontrolle sowie eine Geflügelhaltung mit Produktion, Fütterungsanlage und Anlagen für die Futteraufbereitung und -lagerung, die bereits seit über fünf Jahren in Betrieb ist. Das war ein weiteres eindrucksvolles Beispiel für die Top-Qualität der Himel-Anlagen. Man zeigte mir sämtliche Maschinen in der Produktion. Besonders anschaulich war eine Projektierungssoftware, mit deren Hilfe man Anlagenmodelle in 3D darstellen kann und die bis ins kleinste Detail die Abläufe bei jeder einzelnen Anlage zeigt. Die Funktion jedes Anlageteils und seine Positionierung im Produktionsprozess wurden dadurch viel verständlicher.
Und was nehmen Sie aus der Fortbildung mit?
Das, was ich bei der Himel GmbH, der EABW und anderen Unternehmen, aber auch von den Menschen mitgenommen habe, die ich in den vier randvoll gepackten Wochen treffen durfte, war für mich wie eine Initialzündung, die hier zu Hause fortwirkt. Ich möchte meine Mitarbeiter ebenso begeistern und mein Unternehmen ebenso optimal aufstellen, wie ich es in Deutschland gesehen habe. Ich möchte vergleichbare Abläufe bei uns einführen und die Unmengen an Ideen umsetzen, die mir während der Fortbildung gekommen sind. Der „Funke“ ist übergesprungen und dafür bin ich sehr dankbar.




