Universitätsklinik trotzt der Krise

Charkiw ist die zweitgrößte Stadt der Ukraine und das bedeutendste Wissenschafts- und Bildungszentrum des Landes. Mehr als 40 Universitäten und Hochschulen sind hier angesiedelt. Die Stadt unterhält auch eine eigene Universitätsklinik, die mehr als 400 Mitarbeiter beschäftigt, darunter die Herzspezialistin Fatima Abduewa. Die 36-jährige Ärztin hat 2015 am Managerfortbildungsprogramm in Deutschland teilgenommen, um die Arbeitsweise von medizinischen Einrichtungen in Deutschland kennen zu lernen und Kontakte zu deutschen Kliniken aufzubauen. Im „Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe gGmbH“ in Berlin hat sie eine Einrichtung gefunden, mit der sie inzwischen nicht nur berufliche, sondern auch freundschaftliche Verbindungen pflegt.

Charkiw. Kurz nach dem MP hatte Fatima Abduewa schon alle Hände voll zu tun. Sie steckte mitten in den Vorbereitungen für ein deutsch-ukrainisches Seminar zum Thema „Chronische Schmerzen“, das sie zusammen mit einer Reihe von deutschen und ukrainischen Partnern ausgerichtet hat. Über 60 Ärzte des Landes konnten sich während der zweitägigen Veranstaltung über den aktuellen Stand der Versorgung von Patienten mit chronischen Schmerzen in Deutschland informieren. Hauptdozent auf deutscher Seite war Dr. Michael Schenk, der damalige Leiter des Zentrums für integrative Schmerzmedizin des Gemeinschaftskrankenhauses Havelhöhe. Schenk und Abduewa hatten sich während des MP in Deutschland kennen gelernt und die Kardiologin hatte ihm von ihrem Plan erzählt, die Behandlung von Schmerzpatienten in der Ukraine voranzutreiben. Schenk war ihrer Einladung, sein Fachwissen auf diesem Gebiet zu teilen, gern gefolgt. Die erste gemeinsame Veranstaltung markierte den Beginn einer langfristigen Bildungspartnerschaft, die 2016 in Form eines offiziellen bilateralen Abkommens zwischen den Kliniken besiegelt wurde. „Wir sind inzwischen nicht nur Partner, sondern auch Freunde geworden“, sagt die MP-Teilnehmerin. Zu den Unterstützern der ersten Maßnahme gehörten das Konsulat und die Honorarkonsulin der Bundesrepublik Deutschland in Charkiw, das hessische Medizintechnikunternehmen B. Braun Melsungen AG und der ukrainisch-deutsche Medizinerbund „Udamed“, der unter Mitwirkung einer anderen MP-Absolventin, Anna Novikova, entstanden ist. Im Anschluss daran organisierte Abduewa eine Folgeveranstaltung, die sich an Krankenschwestern richtete und mit über 100 Teilnehmerinnen sehr gut besucht war. Außerdem reisten vier Ärzte der Universitätsklinik für eine einmonatige Fortbildung nach Berlin. Im selben Jahr wurde unter Abduewas Mitwirkung auch ein eigenes Schmerzzentrum an der Uniklinik eingerichtet. „In dieser Form ist das eine absolute Neuheit in der Ukraine“, sagt sie.

Zu den Aufgaben der jungen Kardiologin gehört auch, die Modernisierung der Klinik weiter voranzutreiben. Durch die angespannte wirtschaftspolitische Situation und den schwankenden Währungskurs ist das zu einem sehr schwierigen Thema geworden, das jedoch trotzdem nicht an Bedeutung verliert. „Wir machen im Moment kleine Schritte. Es ist wichtig, den Anschluss nicht zu verlieren“, beschreibt Abduewa ihre Herangehensweise. Nach dem MP hat die Klinik beispielsweise ihren Etat für Arbeitsmittel aufgestockt und ein minimal-invasives chirurgisches Instrument der KARL STORZ GmbH & Co. KG erworben.

Nicht nur die messbaren, wirtschaftlichen Folgen des Programms sind wichtig, findet Abduewa. Viel bedeutender sind für sie der Austausch, das Networking und die länderübergreifende Zusammenarbeit. „Das Programm trägt dazu bei, die Grenzen zu öffnen“, sagt sie.