Wasser – und Abfallwirtschaft in Hamburg und Berlin

Vier Wochen lang haben Teilnehmer einer Branchengruppe aus dem Bereich Wasser- und Abfallwirtschaft aus Russland und Aserbaidschan in Hamburg und Berlin verschiedene – vor allem kommunale – Betriebe besucht und neue Technologien kennengelernt. Bei einer Kooperationsbörse in Berlin und bei deutschlandweiten Geschäftstreffen knüpften sie individuelle Kontakte zu Herstellern von Sortier- und Aufbereitungsanlagen, Wasserpumpen, Containern für die Müllentsorgung, Pelletiersystemen etc. Wie bei jeder MP-Fortbildung erhöhten auch sie ihre Deutschlandkompetenzen und legten viele Stereotypen über Deutschland ab.

Hamburg / Berlin. Für die meisten Teilnehmer war es der erste Deutschlandaufenthalt und eine große fachliche und kulturelle Entdeckungstour. Für das Fortbildungszentrum Akademie International war dieses Branchenprogramm eine spannende Möglichkeit, gemeinsam mit den Teilnehmern über die wichtigen Triebkräfte und Zusammenhänge in der jeweiligen Branche und die Besonderheiten der deutschen Abfall- und Wasserwirtschaft zu reflektieren und die Unterschiede zu Russland und Aserbaidschan zu analysieren.

Wie bei jeder Branchengruppe ging es den Teilnehmern nicht nur um das Kennenlernen neuer Umwelttechnologien, Managementformen und die Vertiefung von Fachfragen in den einzelnen Teilbereichen der Abfall- und Wasserbranche, sondern auch sehr stark darum, wie das gesamte System der Abfall- und Wasserwirtschaft in Deutschland funktioniert. An dieser komplexen Aufgabe hat die Gruppe in vielen spannenden und teilweise kontroversen Diskussionen mit Fachreferenten in Unternehmen, den Trainern und Fachtutoren während des Seminarprogramms und auch untereinander die ganzen vier Programmwochen über eifrig gearbeitet.

Eine der wichtigsten Schlussfolgerungen, die die Teilnehmer aus dem Programm gezogen haben, bestand in der Einsicht, wie umfassend sich der Staat bzw. die Kommunen um die Themen Mülltrennung, Müllsammlung und Müllentsorgung kümmern und wie gut die Abfallwirtschaft in Deutschland organisiert ist: „Der Staat ist sehr engagiert und regelt den Markt in diesem Bereich, das ist für uns erstaunlich.“ Gleichzeitig ist ihnen das hohe Engagement und Verantwortungsbewusstsein der Bürger bei der Mülltrennung und Entsorgung positiv aufgefallen. „Die Deutschen sind bereit, viele gut erhaltene Gegenstände umsonst abzugeben oder müssen sogar etwas für die Entsorgung bezahlen“, hieß es bei der Auswertung des Besuchs beim Recyclinghof Rondenbarg, der zu der Stadtreinigung Hamburg gehört. Hinsichtlich neuer Technologien gehörte der Besuch bei dem innovativen Biogas- und Kompostwerk Bützberg, ebenfalls einem Unternehmen der Stadtreinigung Hamburg, zu den Highlights des Programms. Aus Bio- und Grünabfällen der Hamburger Haushalte produziert das Werk klimaneutrales Gas und hochwertigen Kompost. „Was für uns noch Zukunftsmusik ist, ist in Deutschland bereits Realität“, so einer der Teilnehmer.

Viele Diskussionen brachte auch das Thema Wasserwirtschaft. Während die Technologien der Wasserentsorgung in einigen russischen Betrieben nur wenige Unterschiede zu den deutschen aufweisen, war es für die Teilnehmer spannend zu erfahren, dass die Qualität des Leitungswassers in Deutschland so hoch ist, dass es ohne Abkochen oder Filtern getrunken werden kann. Neu dabei war auch, dass die Bürger in Deutschland viel besser über die Wasserqualität informiert werden.

Das Thema Mülltrennung und -entsorgung hat nicht nur wirtschaftliche Hintergründe, sondern hängt ganz stark mit dem ausgeprägten Umweltbewusstsein der Deutschen, der Sorge um die fachgerechte Entsorgung von gefährlichen Stoffen sowie dem Problem der Entsorgung von den zu vielen Verpackungsmaterialien für Produkte des täglichen Bedarfs zusammen. Für viele Teilnehmer war es spannend zu sehen, dass die reiche Konsumgesellschaft viele Kräfte entwickelt, um den umweltschädlichen Folgen ihres Lebenswandels entgegenzuwirken. Gleichzeitig realisierten sie, dass die Entwicklung des „grünen“ Bewusstseins in einer Gesellschaft Jahre und Generationen braucht.

Auf die eingangs gestellte Frage, wie der deutsche Staat seine Bürger wohl dazu gebracht hat, den Haushaltsmüll so sorgfältig zu trennen, kam im Laufe der vier Programmwochen die Einsicht, wie sehr das Thema der Müllentsorgung in der Kultur und Geschichte Deutschlands verwurzelt und sogar mit geographischen Gegebenheiten verbunden ist. Die Kultur der sozialen Kontrolle bei der Regelbefolgung spielt hier eine große Rolle. Die Knappheit der Naturressourcen, der Rohstoffe sowie der Plätze, an denen Müll unsortiert und unkontrolliert weggeworfen werden kann, tut ihr Übriges. Und schließlich sorgen die „grüne“ Bewegung und das Verantwortungsbewusstsein des einzelnen Bürgers gegenüber seiner kleinen – aber auch der globalen – Umwelt für das i-Tüpfelchen beim Thema Abfallentsorgung.

Wie pathetisch es auch klingen mag, hat ein Teilnehmer die neue praktische Einsicht der Gruppe gut auf den Punkt gebracht: „Wir haben nur einen einzigen Planeten – und die Umweltprobleme müssen wir gemeinsam angehen.“

Julia Moritz
Akademie International, Hamburg
Akademie Intenational